38. Hameln Open präsentiert von Heinz von Heiden
vom 21.-23 Juni 2024
Der „Kaiser“ (Franz Beckenbauer) ist tot – lang lebe der Kaiser! In Erinnerung an die Fußball-Legende möchte ich die diesjährige Vorschau auf die Hameln Open präsentiert von Heinz von Heiden in Anlehnung an des Kaisers berühmte TV-Werbung „Ja, ist denn schon wieder Weih-nachten?“ anlehnen. Irgendwie passt dieser berühmt gewordene Satz auch zu dieser Kolumne – ja, sind bald wirklich schon wieder Open? Was soll man nach fünfzehn Ankündigungen da noch schreiben?
Wie oft habe ich an dieser Stelle schon von vergangenen Siegern und Siegerinnen, vom Engagement der Ehrenamtlichen, vom Kuchenbuffet, von den (nicht geplatzten) Bratwürsten, von der Turnierleitung, den Schiedsrichtern und Oberschiedsrichterinnen, vom Flair der Anlage oder der netten Atmosphäre berichtet… Jede und jeder, der unseren „Aufschlag“ auch nur beiläufig liest, kennt das inzwischen alles, wahrscheinlich auswendig. Vor einigen Jahren habe ich mit der Ankündigung auch die „große“ Tennisgeschichte verwoben, das Hamelner Turnier in Beziehung u.a. zu Novak Djokovic, Serena Williams und anderen Tennisgrößen gesetzt.
Das geht aber auch nicht immer – und außer, dass Djokovic inzwischen den einsamen Weltrekord von weit über 400 Wochen an der Spitze der Weltrangliste aufgestellt hat, Rafael Nadal seit fast zwei Jahren dauerverletzt ist und Serena Williams sowie Roger Federer ihre Karrieren beendet haben, gibt es in dieser Hinsicht auch nichts Neues. Außer vielleicht, dass bei den Herren mit dem fröhlich-frechen Allrounder Carlos Alcaraz und dem aus Südtirol stammenden Multitalent Jannik Sinner (hätte auch als Skirennfahrer, Fußballer oder als Koch und Konditor Karriere machen können) heute zwei Youngsters um Platz 1 in der Welt mitspielen, der bei den Damen zwischen der polnischen Käppiträgerin Iga Swiatek und der neue Stöhn-Dezibel-Weltrekorde aufstellenden Aryna Sabalenka aus Weißrussland eng umkämpft ist.
Um nicht all dies zu wiederholen, habe ich mir gedacht, einige „Schnappschüsse“, bzw. Erinnerungen oder „Momente“ aus fast 40 Jahren Turniergeschichte aus persönlicher Sicht noch einmal Revue passieren zu lassen. Denn ich habe dieses Turnier von Anfang an miterlebt…
1987: „Was soll denn dieses Turnier?!“
Die Anfänge waren klein und bescheiden. Bei den ersten DTH-Open tummelten sich überwiegend Vereinsspieler und Aktive aus umliegenden Clubs des Kreises, teils Bezirks auf der damals noch nur neun Plätze und ein abgebranntes Clubhaus umfassenden Anlage. Das Turnier hieß auch noch nicht „DTH-Open“, sondern „Held-Juwelen-Cup“, benannt nach dem Haupt- (und fast einzigen) Sponsor. „Was soll dieses Turnier?“ fragten nicht wenige, kam es doch wie eine Kopie der kurz zuvor stattgefundenen Kreismeisterschaft daher, mit zum Teil identischem Teilnehmerfeld. Einziger Unterschied: Der damalige DTH-Tennisprofi André Torggler spielte mit (weil es neben Schmuck auch etwas Geld zu gewinnen gab), und dominierte das Feld nach Belieben. André war damals auf dem Zenit seiner Karriere, spielte ansonsten nur Challenger- und auch schon einige kleine ATP-Turniere, er lebte vom Tennissport und spielte daher auch nur, wenn es Preisgeld gab. Insofern war sein Auftritt dann doch etwas Besonderes und hob das Turnier über das Niveau der Kreis- oder Bezirksmeisterschaften. Zwei weitere Male gewann mein alter Freund noch, bevor viele Verletzungen und auch persönliche Probleme seine Karriere, ohne je das volle Potential ausgeschöpft zu haben, beendeten.
1990: Dauerregen und Finalspiele in der Halle
Seit Jahren gab es keine Hallenpartien bei den Open mehr – stattdessen oft Hitzerekorde. Das war in früheren Jahren noch ganz anders, häufiger als gewünscht musste in die Güldenpfennighalle ausgewichen werden.
Und dort war es eng, auf den zwei Plätzen drängten sich neben den Spielern auch die Zuschauer, am Rand auf Bänken. Die Sport-box gab es noch nicht (sie wurde 1993 eröffnet), in die später auch ausgewichen werden konnte. Aufgrund des beengten Platzes konnten nur wenige zusehen und mit Jens Biel den letzten Finalisten aus unserem Verein erleben – Schwester Anke gewann, wenn ich mich richtig erinnere, zudem das noch ausgetragene Mixed-Turnier. Viele auswärtige Spieler kamen mit dem ungewohnten Granulat in der Halle nicht zurecht, stürzten, da sie Hallenschuhe mit glatter Sohle trugen oder spielten notgedrungen in Joggingschuhen.
1993: Das „Kuchen“-Finale
Pfannkuchen gegen Kuchenbecker hieß das Herrenfinale 1993, spöttisch von einigen als „Kuchenfinale“ oder „heute gibt es Kuchen“ bezeichnet. Sportlich war das Match spannend und zudem „interessant“ – Sieger Markus Pfannkuchen hatte ein oft überbrodelndes Temperament und zerlegte seine Rackets serienweise. „Eine McEnroe-Type“ sagten einige – was allerdings doch stark übertrieben war: Der dreimalige Finalist war spielerisch Welten von McEnroes Genialität entfernt – und als Typ abseits des Platzes ein netter Kerl, während McEnroe auch hier als schwierig gilt.
1995: Ein Weltmeister bei den Jungsenioren
Maris Rozentals gewann in jenem Jahr ein Finale der damals noch ausgetragenen Jungseniorenkonkurrenz gegen die DDR-Tennislegende Thomas Emmrich. Es war vielleicht das beste Spiel, das ich bei diesem Turnier je gesehen habe. Natürlich spielen die Herren heute schneller und athletischer, aber was diese beiden Ausnahmekönner mit dem Ball anstellten, war sowohl technisch als auch ästhetisch ein Hochgenuss. Es ist schade, dass die Jungsenioren schon seit vielen Jahren nicht mehr bei unserem Turnier aufschlagen.
1999: Bruder-Finale
Zum Ende des alten Jahrtausends standen sich die Wolpers-Brüder aus Hildesheim gegenüber. Nicht gerade das interessanteste Spiel aller Zeiten, aber schon eine Selten- und Besonderheit. Jenes Turnier muss eines der letzten gewesen sein, das unter der Leitung von Jürgen Kuessner, dem langjährigen Turnierchef, ausgetragen wurde. Sohn Uwe übernahm kurz darauf. Leider ist auch Uwe Kuessner schon seit Jahren nicht mehr unter uns, er verstarb 2018 kurz vor dem damaligen Turnier im Alter von nur 57 Jahren.
2002: Soundcheck mit Livegesang
Kurz nach der Jahrtausendwende war ich zwar noch nicht Turniersprecher, aber an einem Tag „Vertretung“ der damaligen Stim-me der DTH-Open, Dieter Düwel. Um die sei-nerzeit neue Funkmikrofonanlage zu testen, tüftelten Uwe Kuessner und ich am Vorabend des Turniers ein wenig herum. Ich ging über die gesamte Anlage und machte (Phantasie)-Ansagen. Da dies nach einiger Zeit etwas ein-tönig wurde, legte ich – kurz nach Ende einer Tournee meiner damaligen Band – einige Gesangseinlagen ein. Klang nicht schlecht, damals funktionierten die „Hollywood“-Mikros noch gut. Was wohl die Nachbarn im „Südbad“ und „Seehof“ über die lauten Gesänge dachten?
2005 und 2008:
Weltklasse in der Damenkonkurrenz
Yaroslava Svhedova (2005) und Romina Oprandi (2008), zwei Top-100-Spielerinnen auf der WTA-Tour, waren die wohl stärksten Siegerinnen des Turniers überhaupt, zumindest diejenigen, die auch auf Weltklasseniveau reüssieren konnten. Die beeindruckenden Erfolge beider Damen sind immer wieder dokumentiert worden, so dass hier keine Redundanzen erfolgen sollen. Ebenfalls namhaft waren Martina Müller und Isabel Cueto, deutsche Fed-Cup-Spielerinnen, die sich auch in die Siegerliste eintragen konnten.
2011: Erste Moderation
Nach vielen Jahren legte Dieter Düwel nach dem 2010er-Finale endgültig das Moderationsmikro aus der Hand, so dass ich 2011 erstmalig als alleiniger Turniermoderator tätig wurde. Ein großer Spaß und immer wieder interessant! Mit dem Eifer des Neuen sagte ich anfangs jede einzelne Partie an – zu viel, und durchaus auch teils nervend für Turnierleitung und Oberschiedsrichterin. Peinlich war mir die Siegerehrung des Damenfinales: Ich hatte ein defektes Mikro in der Hand, das die Worte mit einer Latenz von ca. 5 Sekunden übertrug – man hörte sich selbst also wie ein „Echo“ und doppelt. Ich sprach daher so langsam, dass Hellmuth Schehl von „radio aktiv“ mich fragte, ob ich schon „einen über den Durst getrunken hatte“… Hatte ich nicht! Bei der späteren Siegerehrung hatte ich dann ein intaktes Mikro in der Hand – und alles lief gleich viel besser…
Bei späteren Zeremonien ergaben sich dann einige gute Bekanntschaften, weil manche Akteure mehrfach in den Finals waren. Besonders nett fand ich die Siegerinterviews mit „Toto“ Koderisch, der einen herrlich trockenen Humor hat, mit Marvin Netuschil, der einfach unheimlich nett ist, und mit Florian Lemke, der bei seinem Turniersieg 2016 mit mir „Man in the Mirror“ von Michael Jackson sang. Angelina Wirges hingegen mag Siegerinterviews eigentlich gar nicht, was sie aber noch sympathischer macht, als sie ohnehin schon ist.
2015: Simultanübersetzung mit Alexander Lazov
Das 2015er Finale brachte mit dem bulgarischen Daviscupspieler den wohl stärksten Sieger der Herrenkonkurrenz in der Turniergeschichte – und für mich das erste Finalinterview, das ich auf Deutsch und auf Englisch führen und simultan übersetzen musste. Eine Herausforderung, die aber viel Spaß machte, und für die ich als Englischlehrer auch qualifiziert sein müsste. Ein weiteres englisches Interview gab es im letzten Jahr mit der Finalistin Vlada Ekshibarova, auch dies sehr nett und interessant.
2020/21: Coronajahre
Über die Einschränkungen der Coronazeit möchte man aus heutiger Sicht gar nicht mehr viel sagen. Wir haben in beiden Jahren das Turnier „durchgezogen“, mit Abständen, Masken, nicht erlaubtem Duschen usw., und trotz aller Skepsis hat es doch funktioniert. Sportlich waren beide Turniere großartig, die Stimmung jedoch aufgrund der Pandemie-Situation nicht so, wie wir sie kennen. Das erste wieder „richtig“ freie Turnier erlebten wir 2023, in dem es mit Angelina Wirges und Dominik Bartels zwei gute Bekannte als Sieger gab. Besonders ärgerlich: Neben Corona wurde uns auch noch die erst vor wenigen Jahren gekaufte hochwertige Sennheiser-Funkmikroanlage gestohlen, die allerdings – welch eine Nachlässigkeit – für alle zugänglich in einem Schrank im Flur deponiert worden war. Seither müssen wir uns die Mikrofontechnik leihen.
2024: Neuer Termin
Die Rufe vieler Eltern schulpflichtiger Kinder – und auch von Personen, die beruflich auf die Ferientermine angewiesen sind (wie ich)
– wurden – endlich! – erhört: In diesem Jahr finden unsere Open nicht genau in der Mitte der Sommerferien statt, sondern am letzten Schultag davor bzw. gleich zu Beginn. Da MUSS es doch endlich auch mal so sein, dass die vielen DTH-Youngster und Nachwuchsfighter, die bei Marcel und bei unseren anderen Trainern unterwegs sind und die unsere Anlage mit Leben erfüllen und uns sportlich bereichern, auch als Zuschauer bei den DTH-Hausbau Hameln-Open tolle Einblicke in hochklassiges Tennis auf deutschem Spitzenniveau bekommen. Und Ballkinder – vielleicht gibt es diese dann ja auch endlich wieder?! So oder so: Ausreden wie „wir haben Ferien“ oder „wir sind im Urlaub“ oder „der Termin ist ungünstig“ gibt es dies-mal nicht!
Wir freuen uns auf die 38. Ausgabe unserer Hameln Open! Mit neuem Termin, neuem Schwung, hoffentlich vielen neuen Gästen auf unserer Anlage – und bestimmt wieder hochklassigem Tennis.
Cord Wilhelm Kiel